Fakten Sexualisierte Gewalt ist weit verbreitet und betrifft Menschen aller Altersgruppen und Geschlechter. Die Dunkelziffer ist hoch, da viele Betroffene aus Angst oder Scham schweigen. Studien zeigen, dass jedes dritte bis vierte Mädchen und jeder achte bis zehnte Junge von sexualisierter Gewalt betroffen ist. Im Jahr 2024 ist die Zahl der von der Polizei erfassten Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nach vielen Jahren des Anstiegs zum ersten Mal fast gleichgeblieben. Es wurden 16.354 Fälle bei Kindern und 1.191 Fälle bei Jugendlichen gemeldet. Damit liegen die Zahlen weiterhin höher als der Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Besonders stark angestiegen ist die Zahl der Fälle, in denen Missbrauchsdarstellungen von Minderjährigen hergestellt, verbreitet, gekauft oder besessen wurden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von rund 18 Millionen Minderjährigen aus, die in Europa von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Das sind auf Deutschland übertragen rund 1 Million Mädchen und Jungen. Dies bedeutet, dass etwa 1 bis 2 Personen in jeder Schulklasse von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Statistisch gesehen werden in Deutschland täglich durchschnittlich 54 Kinder sexuell missbraucht. Die erste deutschlandweite präsentative Dunkelfeldstudie zu sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen (2025) kommt zu folgenden Ergebnissen: 12,7 % der Befragten berichten mindestens einen Missbrauch in Kindheit/Jugend. Bezogen auf die Grundgesamtheit der 18 bis 59-Jährigen in Deutschland entspricht das 5,7 Millionen Menschen, die in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erlebt haben. Das Dunkelfeld ist nach wie vor sehr groß und es werden weitaus mehr Menschen betroffen sein. Frauen sind deutlich häufiger betroffen (20,6 %) als Männer (4,8 %), bei jungen Frauen (18–29 Jahre) liegt der Anteil sogar bei 27,4 %. Die meisten Täter sind Männer (über 95 %), rund 4,5 % nannten Frauen als Täter*innen. Tatkontexte:- meist familiär oder im Freundeskreis- Jungen erleben häufiger Gewalt in Sportvereinen, Kirchen oder Heimen Digitale Kanäle spielen bei etwa einem Drittel eine Rolle – z. B. Chat-Gewalt, unerwünschte pornografische Inhalte. Folgen: Betroffene berichten deutlich schlechteres psychisches Befinden. Viele haben aus Angst oder Scham nie darüber gesprochen. Sexualisierte Gewalt passiert meist in der eigenen Familie oder im nahen Umfeld – also durch Menschen, die Kinder und Jugendliche gut kennen, wie Nachbarn, Bekannte oder Personen aus Vereinen und Einrichtungen. Sexualisierte Gewalt durch Fremdtatpersonen ist eher die Ausnahme. Deutlich zunehmend finden sexuelle Übergriffe im digitalen Raum statt. Täter und Täterinnen In den meisten Fällen stammen die tatverantwortlichen Personen aus dem sozialen Umfeld der Betroffenen (Familie, Bekannte, Vertrauenspersonen). Nur ein kleiner Teil der Fälle wird von Fremden begangen. Sexualisierte Gewalt kann auch in organisierten Strukturen stattfinden (z. B. Netzwerke, Institutionen). Laut Polizeistatistik geschieht Sexualisierte Gewalt in etwa 80 % bis 90 % der Fälle durch Männer und männliche Jugendliche, zu etwa 10 % bis 20 % durch Frauen und weibliche Jugendliche. Der Mythos der „guten“ Mutter vernebelt dabei den Blick auf Grenzverletzungen und Gewalt durch Frauen. Sowohl Täter als auch Täterinnen missbrauchen sowohl Mädchen als auch Jungen. Missbrauchende Männer stammen aus allen sozialen Schichten, leben hetero- oder homosexuell und unterscheiden sich durch kein äußeres Merkmal von nicht missbrauchenden Männern. Über missbrauchende Frauen wird bislang wenig geforscht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sexualisierte Gewalt durch Frauen seltener entdeckt wird, weil solche Taten Frauen kaum zugetraut werden und sie in der eigenen Wahrnehmung nicht vorkommen. Von daher werden sie auch schnell übersehen bzw. nicht wahrgenommen. Frauen sind eher Einzeltäterinnen, missbrauchen aber auch zusammen mit einem männlichen Partner beziehungsweise unter dessen Einfluss. Es gibt kein klassisches Täterprofil und keine klare Täterpersönlichkeit. Alle Täter und Täterinnen wollen Macht ausüben und durch die Tat das Gefühl der Überlegenheit erleben. Einige Täter und wenige Täterinnen haben eine sexuelle Fixierung auf Kinder (Pädosexualität). Auswirkung auf Betroffene Folgen können psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen sein (z. B. Angst, Depression, Selbstzweifel, Beziehungsprobleme). Viele Betroffene kämpfen mit Schuld- und Schamgefühlen, obwohl die Verantwortung immer bei der tatverantwortlichen Person liegt. Ohne Unterstützung kann das Erlebte langfristige Folgen haben, doch Hilfe und Therapie können den Heilungsprozess fördern. Quellen Harald Dreßing, Andreas Hoell, Leonie Scharmann, Anja M. Simon, Ann-Christin Haag, Dieter Dölling, Andreas Meyer-Lindenberg, Joerg Fegert: Sexual Violence Against Children and Adolescents: A German Nationwide Representative Survey on Its Prevalence, Situational Context, and Consequences. Dtsch Arztebl Int. 30.5.2025 Polizeiliche Kriminaltstatistiken der vergangenen Jahre (Die PKS zählt Anzeigen, also Verdachtsfälle – nicht, ob jemand wirklich vor Gericht verurteilt wurde. Das heißt: Viele Taten, die in der Statistik stehen, enden nicht mit einer Verurteilung. Laut dem Statistischen Bundesamt wird weniger als ein Drittel der angezeigten Personen am Ende tatsächlich verurteilt.) Unabhängige/r Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs